Ehe retten: Tipps aus der Praxis der Eheberatung

Die Ehe retten, heißt nicht den Weg schon zu kennen

Verheiratete Partner, die ihre Ehe retten möchten und wegen anhaltender oder tiefsitzender Beziehungsprobleme professionelle Tipps und die Hilfe des Eheberaters suchen, erhoffen sich von der ersten Beratung vielfach die Klärung ausstehender Grundfragen. Die Ehe retten: Das bedeutet, sich schrittweise einander wieder anzunähern. Zuweilen sind sich die Ehepartner zu Anfang nur in dem einen Punkt einig, dass sie ihre Probleme in der Beziehung überwinden wollen. Darüber, wie sie die erwünschte Rettung praktisch angehen können, werden sie sich dann erst während der intensiven Gespräche und Bestandsaufnahmen klar. Manchmal ganz plötzlich, meist aber nach und nach, erkennen sie einen Weg, wie sich die Ehe retten und das weitere gemeinsame Leben gestalten lässt.

Kein Therapeut kann einfach eine Ehe retten

In Eheberatung und Paartherapie geht es nicht darum, fertige Antworten zu liefern, mit denen sich die Ehe retten und die Scheidung verhindern lässt. Zweck der Gespräche, Tipps und Übungen ist Offenheit, angstfreie Kommunikation und das Erlernen oder Wiederfinden einer konstruktiven Streit- und Versöhnungskultur. Durch das therapeutische Umfeld und die professionelle Gesprächsbegleitung fällt es viel leichter, sich realistisch mit der Ausgangssituation zu befassen und sie als wichtige Chance zum Erkennen persönlicher und ehelicher Konflikte und unerfüllter Sehnsüchte zu nutzen. In den meisten Fällen ergeben sich für die Partner hieraus neue, kreative und natürliche Ansätze zur Entspannung der Situation und Klärung überfälliger Fragen. Und diese zeigen den Partnern, ob und wie sie ihre Ehe retten können.

Aufmerksamkeit und Mitgefühl helfen beim Erkennen und Ausdrücken eigener Wünsche und Sehnsüchte. Tipps und persönliche Therapieerfahrungen werden in Strategien verwandelt, die sich später im gewohnten Alltag umsetzen lassen. 

Was bedeutet das überhaupt?

Nach einer erfolgreichen Beratung / Therapie, wenn die Beziehung wieder harmonisch verläuft, erinnern sich die wiedervereinten Partner oft mit besonderer Freude an ihre persönliche Wachstums- und Erfolgsgeschichte. Dass sie ihre Ehe retten konnten, obwohl sie bereits die Hoffnung aufgegeben hatten und die Scheidung unumgänglich schien, hat ihren Glauben an die Liebe neu entfacht. Die Rettung der verlorengeglaubten Liebe ist eine gemeinsam vollbrachte Heldentat, die Fantasie und Leidenschaft beflügelt und die Bereitschaft weckt, sich künftig stärker für Partner und eheliches Glück zu engagieren, um das Gerettete nicht erneut aufs Spiel zu setzen. Aus der allseits vertrauten Formulierung „die Ehe retten“ lässt sich schließen, dass die Partnerschaft als wertvolles Gut anzusehen ist. Ihre Rettung kommt einem Vermögenserhalt oder einer Sicherungsmaßnahme an wackliger Stelle gleich, während ihr Verlust einen Minusposten darstellt, der in roten Zahlen auf der Lebensrechnung verbucht wird.

Die tiefen Werte der Beziehung retten

Was sich auf den ersten Blick deutlich und fast logisch präsentiert, entpuppt sich beim genaueren Betrachten als eine der vielen liebenswerten „Sprachschlampereien“, die sich Mann und Frau immer dann erlauben können, wenn sie sicher sind, vom Gegenüber ohnehin verstanden zu werden. Jeder weiß, was gemeint ist, gleichzeitig ist jedoch sonnenklar, dass es eine „Ehe an sich“, losgelöst von den beteiligten Menschen, dem Lauf der Zeit und den individuellen Umständen, gar nicht geben kann.

Der Wert, den Liebende mit ihrer Beziehung schützen möchten, lässt sich also weder über den reinen Begriff definieren noch über den besonderen gesetzlichen Stand, in den Ehepartner am Tag der Trauung eintreten und der als feste Werte gesellschaftlichen Schutz, sozialen Statusgewinn und finanzielle Vorteile mit sich bringt.

Die Partnerschaft schützen, um sich selbst zu helfen

Der Wert einer Ehe kann nicht von außen bestimmt oder an allgemeingültigen Konstanten festgemacht werden. Ermessen können ihn nur die beiden Menschen, die ihn durch Zusammenschluss und Gemeinsamkeit geschaffen haben. Als Maßstab legen sie dabei sich selbst an: Wertvoll ist, was wertvoll macht. Mit ihrer Partnerschaft schützen viele Partner sich selbst.

Gegenseitige Wertschätzung, Vertrauen und Bestätigung sind sichere Säulen, die das Selbstwertgefühl stützen, zur Großzügigkeit befähigen und eine Beziehung schützen können. Verweigerung, Fahrlässigkeit und Handlungen, die als ungerecht und wertmindernd empfunden werden, schwächen das Selbstbewusstsein, verderben die Freude am Geben und Nehmen und schädigen das Zusammenhaltsgefühl.

Zur Gemeinsamkeit zurückzufinden

Ob sich eine überstrapazierte oder ausgehöhlte Ehe retten lässt oder Trennen die vernünftigere Lösung wäre, hängt wesentlich von den Kraftreserven der Partner ab. Die Beziehung schützen zu wollen, lohnt sich auf jeden Fall, wenn beide an die grundsätzlich positive und verstärkende Wirkung ihrer Gemeinschaft glauben, die Erwiderung ihrer Gefühle deutlich wahrnehmen und die Rückkehr zum Partner als Heimkehr ersehnen. Manchmal ist die Entfremdung jedoch so weit fortgeschritten oder so tief, dass es nur bei gleichzeitiger Selbstaufgabe möglich erscheint, die Partnerschaft wieder auf den alten Stanz setzen zu können. Oft sehen sich Ehepaare nach Affäre oder fortgesetztem Treuebruch eines Partners außerstande, das verlorene Vertrauen wiederzuerlangen. Wollen beide an der Beziehung arbeiten, gilt es, den richtigen Umgang mit der Schuld zu lernen – und dem Partner zu verzeihen.

Gibt es ein Eheleben nach der Affäre?

Ein erschütternder Schlag für die Ehe muss weder planmäßig noch kraftvoll ausgeführt worden sein. Es reicht, wenn er vernichtend getroffen hat. Sensiblen Menschen mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl gelingt es eher, dem Partner einen wiederholten Seitensprung zu verzeihen, als ihm das einmalige fahrlässige Preisgeben des Allerheiligsten nachzusehen. Durch die Überschreitung vermeintlich unantastbarer Grenzen erscheint der vormalige Beschützer als Verräter, das Lebenskonzept als Lügenmärchen. Zuweilen lassen Schmerz, Wut und das Gefühl der Demütigung nie mehr nach. Eine Affäre kann für einen Partner unbedeutende Entgleisung sein und für den anderen das Ende der Beziehung. Retten, was zu retten ist, oder trennen, was nicht mehr zusammenwachsen kann? Oft helfen die Tipps des Eheberaters, das Verhalten des Partners zu verstehen und zu verzeihen.

Nach Affäre und Vertrauensbruch

Unter den Tipps zur Krisenbewältigung finden sich auch Strategien zum Umgang mit Eifersucht oder Untreue. Beide verstärken destruktive Charaktereigenschaften und schaden sowohl dem Selbstbild als auch dem Bild des Partners.

Zur Nähe gehören Mut, sich zu offenbaren, und die Sicherheit eines gemeinsamen Vertrauensbereichs. Wird dieser geschützte Raum verletzt, wirkt der Vertrauensbruch oft lange nach. Affäre oder Seitensprung sind längst vorüber, dennoch kommt der betrogene Partner nicht über die negativen Gefühle hinweg und denkt immer wieder darüber nach. Affäre und Seitensprung gehören zu den härtesten Prüfungen für die Ehe. Die Partnerschaft und die Familie lässt sie sich nur retten, wenn beide bereit zum Neuanfang sind.