Ghosting: Was tun bei plötzlichem Kontaktabbruch?
Ghosting ist ein Beziehungsphänomen, bei dem eine Person plötzlich den Kontakt zu einer anderen abbricht, indem sie auf Nachrichten nicht mehr antwortet, Anrufe ignoriert oder alle Verbindungen blockiert. Kennzeichnend für Ghosting ist auch, dass es meistens keine erkennbaren Gründe, Vorankündigungen oder Warnzeichen gibt. In vielen Fällen ist Ghosting das Ende der Beziehung; manchmal wird die Kommunikation jedoch später wieder aufgenommen und die Beziehung fortgesetzt.
Woher stammt der Begriff „Ghosting“?
Der englische Begriff „Ghosting“ für einen abrupten Kontaktabbruch ist vermutlich um die Jahrtausendwende bzw. in den frühen 2000er Jahren in der Online-Dating-Szene entstanden. Zu dieser Zeit lernten sich immer mehr Menschen über das Internet kennen und gewöhnten sich daran, Gefühle dort zu teilen und auch tiefere Beziehungen zunehmend über das Internet bzw. im virtuellen Raum zu führen.
Heute ist es nicht unüblich, sein Handy bzw. Smartphone rund um die Uhr im Blick und griffbereit zu haben. Online- und Offline-Sprache und -Kommunikation lassen sich kaum mehr voneinander trennen; daher ist auch das Ghosting dem Online-Dating-Kontext längst entkommen. Der Begriff wird von „Digital Natives“ ebenso verwendet wie von 50- oder 60-Jährigen, die ebenfalls seit Jahrzehnten an das Leben und Lieben im Internet gewöhnt sind.
Gemeint ist immer das plötzliche und unerwartete Verschwinden einer Person aus dem Leben einer anderen - ähnlich wie ein Geist, der nach Gutdünken aus dem Nichts auftauchen und wieder im Nichts verschwinden kann. Die Person, die den Kontakt abbricht, ist der Ghoster. Die andere, die ratlos bis fassungslos, stinksauer, maßlos enttäuscht oder tief verletzt zurückbleibt, wird geghostet.
Wer leidet am meisten unter Ghosting?
Die Auswirkungen von Ghosting sind von Person zu Person unterschiedlich und hängen natürlich auch stark davon ab, wie tiefgehend die Beziehung war bzw. welche Wünsche und Erwartungen die Betroffenen daran geknüpft hatten. Doch fast immer hinterlässt das unerwartete Ende jeglicher Kommunikation bzw. das abrupte Verschwinden einer Person bei der (oder den) anderen Verwirrung, Schmerz, Unsicherheit und häufig ebenso ein Gefühl von Ablehnung oder Wertlosigkeit. Die Betroffenen fragen sich sehr oft, was sie falsch gemacht oder womit sie es verdient haben könnten, dass der/die andere plötzlich den Kontakt abgebrochen hat.
Üblicherweise geschieht Ghosting ohne Erklärung oder Abschluss. Das macht es für Betroffene schwierig, die Situation zu verstehen oder - wenn der Ghoster nicht mehr auftaucht - damit abzuschließen. Ghosting kann in verschiedenen Arten von Beziehungen auftreten, in romantischen Beziehungen und langjährigen Liebesbeziehungen ebenso wie in Freundschaften oder sogar Familienbeziehungen. Außerdem kann es - obwohl Ghosting häufig als Internetphänomen gesehen und mit Dating-Apps, sozialen Medien oder eher kurzlebigen, oberflächlichen Beziehungen assoziiert wird - sowohl online als auch offline stattfinden.
Eine besondere Tücke beim Ghosting liegt darin, dass die Betroffenen oft verfolgen können, wie sie von der anderen Person blockiert und ignoriert werden. Selbst wenn z. B. die Farbe des Häkchens auf dem Bildschirm den Status „online“ anzeigt, bleibt jede Antwort oder Reaktion aus. Diese scheinbare Online-Präsenz verstärkt das Leid der Betroffenen zusätzlich. Laut Statista haben übrigens bereits 19,7 Prozent der befragten Deutschen Ghosting erlebt; Männer und Frauen sind dabei gleichermaßen betroffen.
Wer wird beim Ghosting zum Geist?
Beim Ghosting handelt es sich um eine asymmetrische bzw. einseitige Aktion. Doch unabhängig von der gängigen Verwendung des (längst im Duden angekommenen) Begriffs kann man beim Ghosting auch beide Beteiligte als Geister betrachten: Verschwindet ein Mensch plötzlich wie ein Geist aus dem Leben eines anderen, macht er die zurückgelassene Person damit ebenfalls zu einer Art Geist. Ghosting-Betroffene berichten regelmäßig, dass sie sich fühlten, als gäbe es sie selbst plötzlich nicht mehr; als habe der Ghoster sie ebenfalls auf Knopfdruck verschwinden lassen oder einfach aus der Beziehung gestrichen.
Weil dieses Verhalten weder neu noch auf das Internet beschränkt ist, haben Betroffene auch früher Worte dafür gefunden. Statt „Ghosting“ hat man etwa gesagt, jemand sei einfach abgetaucht, spurlos verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt, habe sich aus dem Staub gemacht, ohne ein Wort des Abschieds oder auf Nimmerwiedersehen aus der Beziehung gestohlen.
Was macht Ghosting mit den Betroffenen?
Gerade weil der Schnitt so unerwartet kommt, hinterlässt Ghosting bei den Betroffenen oft tiefe emotionale Wunden. Zu Verwirrung, Schmerz oder Wut kommen Unsicherheit, Zweifel und quälende Fragen, auf die man keine Antwort bekommt. Wer plötzlich und ohne Erklärung verlassen wird, bleibt immer mit negativen Gefühlen zurück. War der Ghoster oder die Ghosterin ein wichtiger, geliebter Mensch, mit dem man sich vielleicht seit Jahren in einer festen Partnerschaft befand, kann dessen plötzliches Verschwinden das ganze Leben aus den Fugen bringen.
Menschen, die schon einmal oder sogar mehrmals geghostet wurden, fällt es oft schwer, sich und anderen wieder zu vertrauen oder sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Viele Betroffene ziehen sich in sich selbst zurück und reagieren aus Selbstschutz mit Verbitterung, Verdrängung oder dem Versuch, ihr Herz zu verhärten, um nicht noch einmal enttäuscht zu werden. Je nach Situation und persönlicher Geschichte kann Ghosting sogar zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen führen, die ärztlich behandelt werden müssen.
Was für Menschen sind Ghoster?
Ghosting sagt in aller Regel viel mehr über den Charakter des Ghosters aus als über die geghostete Person. Das Verhalten des Ghosters verrät dessen Unfähigkeit, schwierige Gespräche zu führen, Konflikte anzusprechen oder sich unangenehmen Themen zu stellen. Stattdessen sucht der Ghoster sein Heil in der Flucht - möglicherweise aus Angst vor emotionaler Intimität, Bindung oder Ablehnung, vielleicht aber auch aus mangelnder emotionaler Beteiligung, fehlender Empathie, persönlicher Unreife oder schlicht Faulheit.
Die meisten Menschen haben sich wohl schon einmal gewünscht, sich in unangenehmen Situationen einfach „in Luft auflösen“ zu können. Wer das jedoch tatsächlich macht, indem er einen anderen Menschen ghostet, zeigt damit - unabhängig von der ganz privaten Motivation - einen Mangel an Empathie und Respekt. Es wird nicht berücksichtigt, welche Konsequenzen der Kontaktabbruch auf die Gefühle und das Wohlbefinden der anderen Person haben könnte. Der Ghoster signalisiert, dass er unfähig und/oder nicht bereit ist, Verantwortung für seine Handlungen und deren Folgen zu übernehmen.
Gibt es einen richtigen Umgang mit Ghosting bzw. Ghostern?
Zum richtigen Umgang mit Ghostern gibt es zwar Ratschläge und Tipps, die grundsätzlich nicht verkehrt sind. Doch was im Einzelfall die richtige Strategie ist, hängt natürlich vor allem davon ab, wie tief die Beziehung war, was sie Ihnen bedeutet hat und - ganz entscheidend! - ob Sie nach dem Ghosting erneut Kontakt zueinander aufgenommen haben. Denn nur dann besteht überhaupt noch die Möglichkeit, gemeinsam etwas zu wollen, aufzuarbeiten oder für die Zukunft zu planen.
Hier sind ein paar Tipps, die Ihnen helfen können, mit Ghosting umzugehen und über den plötzlichen Kontaktabbruch hinwegzukommen:
- Vernunft und Selbstreflexion üben: Versuchen Sie, sich nicht die Schuld zu geben oder sich selbst infrage zu stellen. Denken Sie daran, dass Ghosting mehr über den Charakter des Ghosters aussagt als über Sie. Sie sind außerdem kein armes Opfer, sondern allenfalls Leidtragende(r) und Betroffene(r) des unverantwortlichen Benehmens und schlechten Stils des Ghosters.
- Grenzen setzen: Wenn Sie geghostet wurden, lassen Sie sich keinesfalls zu unangemessenen Reaktionen verleiten. Egal, wie enttäuscht oder wütend Sie sind: Vermeiden Sie es unbedingt, den Ghoster zu verfolgen oder zu bedrängen, um etwa doch noch eine Erklärung zu bekommen oder sich für die erlittene Kränkung zu rächen.
- Loslassen: Hat sich der Ghoster entschieden, den Kontakt vollständig abzubrechen, akzeptieren Sie diese Entscheidung und den Status Quo. Löschen Sie den Kontakt und lassen Sie ebenfalls los, auch wenn es schmerzhaft ist.
- Weitermachen: Versinken Sie nicht in Trübsal, sondern tun Sie etwas. Nehmen Sie sich Zeit für andere Pläne, kümmern Sie sich um andere Menschen, die Ihnen wichtig sind, und suchen Sie ggf. Unterstützung, etwa bei Freunden und Familie oder in einer Therapie.
- Vergebung: Für die seelische Hygiene und Befreiung aus negativen Gefühlen und Gedanken kann es außerdem enorm hilfreich sein, dem Ghoster zu vergeben. Das bedeutet nicht, dass Sie das Ghosting positiv sehen oder das Verhalten des Ghosters nachträglich gutheißen sollen. Doch durch Vergebung können Sie die emotionale Last des erlebten von Ihren Schultern streifen und mit neuer (oder alter) Kraft weiterleben.
Gibt es Vorzeichen für Ghosting?
„Klassisches“ Ghosting ist plötzlich und unerwartet. Allerdings geht dem Kontaktabbruch in vielen Fällen ein Verhalten voraus, das ebenfalls durch einen griffigen Anglizismus beschrieben werden kann, nämlich „Breadcrumbing“.
Breadcrumbing kann mit „Brotkrümeln“ oder „Krümel hinwerfen“ übersetzt werden. Gemeint ist eine Form des Hinhaltens oder subtilen Kontaktabbruchs, bei dem immer wieder kleine und/oder vage Signale von Interesse, Aufmerksamkeit oder Liebe gegeben werden - allerdings nie genug, um Gewissheit zu bekommen oder eine echte, zuverlässige Verbindung herzustellen. Diese Signale können z. B. kurze Textnachrichten, gelegentliche Andeutungen, zweideutige Bemerkungen oder sporadische Einladungen zu (betont unverbindlichen) Treffen sein.
Breadcrumbing ist außerdem oft eine Vorstufe zum Ghosting. Denn durch die halbherzige oder ambivalente Krümelstrategie wird die betroffene Person (bzw. die Beziehung) in einem Schwebezustand gehalten, in dem unsicher bleibt, wie die Partner zueinander stehen bzw. wohin sich die Beziehung entwickelt. Wie beim Ghosting führt das fast immer zu Verwirrung, Frustration und emotionalem Dauerstress bei der Person, die emotional stärker involviert ist und von der Beziehung mehr erhofft und erwartet.
Im englischsprachigen Raum wird die Hinhaltetaktik manchmal auch als „Hansel and Gretelling“ bezeichnet - in Anlehnung an die Brotkrümel, mit denen die im Wald ausgesetzten Kinder im Märchen „Hänsel und Gretel“ zumindest einmal den Rückweg zum Elternhaus finden konnten. Ähnlich wie in der berühmten Geschichte wird durch das Hinstreuen von Krümeln eine Spur hinterlassen, die weder verlässlich noch von Dauer ist. Außerdem gibt es auch hier keine stabile Verbindung; die Spur aus Krümelchen signalisiert nicht den Wunsch der Zielperson, gefunden zu werden, sondern lediglich die Hoffnung der Suchenden, am Zielort willkommen zu sein.
Ich wurde geghostet, was mache ich jetzt?
Machen Sie Inventur und nehmen Sie sich Zeit, die Situation realistisch zu betrachten und Ihre Erwartungen zu überprüfen. Fragen Sie sich, ob der Mensch, der Sie einfach hat verschwinden lassen, wirklich gut für Sie ist. Können Sie sich vorstellen, mit ihm oder ihr trotzdem in Zukunft eine gesunde und glückliche Beziehung zu haben? Haben Sie überhaupt Lust dazu (und wollen die notwendige Energie investieren), die schlechten Erfahrungen aufzuarbeiten oder beiseitezulegen - und dann einfach zu hoffen, dass sie sich nicht wiederholen?
Menschen neigen dazu, die Vergangenheit zu idealisieren und die negativen Aspekte zu vergessen. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, aber wenn es um das Weiterführen oder Beenden einer Partnerschaft geht, ist ein möglichst objektiver Gegenwarts-Check wichtig. Stellen Sie sich vor, Sie würden eine Beziehungsinventur durchführen, eine nüchterne Bestandsaufnahme mit anschließendem Statusbericht an sich selber. Oft hilft es auch, mit einer guten Freundin, einem Freund oder einem Außenstehenden, etwa Ihrer Therapeutin, zu sprechen, um klarer zu sehen und Ihre Prioritäten neu zu ordnen.
Das Erste, dessen Sie sich bewusst werden müssen, ist, dass die Entscheidung des Ghosters, den Kontakt abzubrechen, nichts mit Ihrem Wert oder Ihrer Anziehungskraft zu tun hat. Sie sind nicht daran schuld; und statt sich mit Schuldfragen und Selbstzweifeln zu plagen, sollten Sie sich lieber fragen, ob es sich für Sie lohnt, Ihrem (Ex-)Ghoster nachzutrauern. Besteht nach wie vor kein Kontakt und hängen Sie bzw. die Beziehung seit Längerem komplett in der Luft, lohnt sich der Abschluss in aller Regel mehr als die Suche nach Erklärungen. Der Wunsch nach erneutem Kontakt oder dem Erzwingen einer Antwort verlängert oft nur den Schmerz oder verstärkt den Zorn. In diesem Fall sollten Sie besser die Brücken abbrechen, sich aus der toxischen Verbindung lösen und entschlossen nach vorn blicken. Löschen Sie den Kontakt und konzentrieren Sie sich darauf, was Ihr eigenes Leben an Neuem, Schönem und Spannendem zu bieten hat, statt auf eine Reaktion des Ghosters zu warten und wertvolle Gedanken und Gefühle weiterhin in eine Sackgasse laufen zu lassen.
Den Kontaktabbruch akzeptieren - aber wie?
Beim Umgang mit Ghosting bzw. Ghostern ist es oft besonders schwer, den Kontaktabbruch zu akzeptieren und nicht selbst auf ungesunde Weise darauf zu reagieren. Der Wunsch, den Ghoster zu konfrontieren, ihn oder sie nicht einfach davonkommen zu lassen oder sogar zu bestrafen, ist verständlich und durchaus nachvollziehbar. Dennoch ist es für Betroffene besser, der Verlockung zu widerstehen. Je eher Sie sich darüber hinwegsetzen und davon lösen, desto eher können Sie den Fokus wieder auf Ihr eigenes Wohlbefinden legen.
Dieser Schritt erfordert zwar einiges an Selbstbeherrschung und Disziplin, aber er lohnt sich: Jedes Mal, wenn Sie es schaffen, sich von einer unnötigen emotionalen Belastung zu befreien, werden Sie belohnt durch ein Mehr an Persönlichkeit, Selbstvertrauen und Selbstfürsorge. Um sich von der emotionalen Belastung durch Ghosting zu befreien, vermeiden Sie, dass Ihre Gedanken darum kreisen und Sie ins Grübeln, zweifeln oder unerwünschte Rückschau geraten. Lenken Sie sich notfalls ganz bewusst davon ab, indem Sie sich entschlossen anderen Dingen zuwenden, die Sie voll in Anspruch nehmen, Ihnen guttun und helfen, innerlich und äußerlich zur Ruhe zu kommen. Das können Unternehmungen mit Freunden oder der Familie sein, sportliche Aktivität, erfüllende Arbeit oder Meditation - was immer Ihnen auch sonst hilft, sich zu sammeln, zu erholen und einfach gut und richtig zu fühlen.
Als psychologische Beraterin und Paartherapeutin spreche ich auch oft mit Menschen, die ohne Partner oder Partnerin zu einem Beratungsgespräch kommen oder eine Therapie machen. Aus Erfahrung weiß ich, dass es nach einer Trennung - und oft ist Ghosting ja genau das - besonders wichtig ist, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Wurden (oder werden) Sie geghostet, machen Sie sich bewusst, dass Sie nichts falsch gemacht haben. Nehmen Sie sich Zeit für sich und tun Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten und Ihr Selbstwertgefühl stärken.
Wenn Ihnen emotionale Unterstützung, Trost und Rat angeboten werden, nehmen Sie an, wann immer Ihnen das möglich ist. Sind Sie allein oder möchten Sie mit niemandem über das Ghosting sprechen, stellen Sie sich vor, wie eine nahestehende Freundin oder ein bester Freund Sie trösten würde - und gewähren Sie sich selbst dieselbe Güte und Unterstützung. Entscheiden Sie sich bewusst für sich selbst, die eine Person, die immer bei Ihnen sein wird, und lassen Sie sich nicht von der Vergangenheit definieren. Indem Sie sich bewusst und liebevoll für sich selbst entscheiden, können Sie ungesunde Selbstzweifel und lähmendes Selbstmitleid überwinden und einen Schritt in Richtung Selbststärkung und Selbstheilung machen.
Ghosting in der Beziehung - kann das gutgehen?
Nicht immer ist Ghosting das Ende der Kommunikation. Manchmal tauchen alte Geister wieder auf - so plötzlich, wie sie verschwunden sind, nach langer Zeit oder sogar in regelmäßigen Abständen. Denn es gibt auch Menschen (und Beziehungen), bei denen Ghosting immer mal wieder vorkommt und mehr oder weniger üblich ist. Problematisch ist das vor allem dann, wenn nur eine Person ghostet und die andere das regelmäßig ertragen muss. Gehört es dagegen zur Streitkultur oder einer individuellen Form der On-off-Beziehung, gibt es kein Problem, solange die Beteiligten damit klarkommen und drumherum nichts Wichtiges kaputtgeht. Immerhin gibt es auch glückliche Ehen und lebenslange Beziehungen, in denen regelmäßig derartig die Fetzen fliegen, dass Außenstehende sich nicht vorstellen können, wie die Partnerschaft das übersteht. So betrachtet, kann Ghosting als „digitaler Zwillling“ des Türenschlagens, Aus-dem-Haus-Stürmens oder langen taktischen Schmollens betrachtet werden, für das man einfach die entsprechende Veranlagung oder Nervenstärke auf- und mitbringen muss.
Zusammenbleiben trotz (oder nach) Ghosting?
Für Ghosting gibt es üblicherweise weder gute Gründe noch gute Rechtfertigungen, selbst die Erklärungen sind meist sehr dürftig. Personen, die sich so verhalten, fehlt es in aller Regel an Stabilität und grundlegenden Sozialkompetenzen; der Ghoster muss also selbst noch viel lernen, (ein‑)sehen und an seiner Selbstwahrnehmung und persönlichen Entwicklung arbeiten. Das bedeutet ja aber nicht automatisch, dass dieser Mensch einen schlechten Charakter hat oder unfähig zu Liebe, Empathie oder einer glücklichen Beziehung ist.
Lieben Sie einen Menschen, der aufgrund seines Temperaments, Charakters oder eigener schlimmer Erfahrungen zum Ghosting neigt, und wollen die Beziehung dennoch fortführen, brauchen Sie viel Kraft, Selbstvertrauen und Gelassenheit, um die entsprechenden Verhaltensmuster nicht zu persönlich zu nehmen. Und natürlich sollten sich die Kommunikation, das Vertrauen und das Verhalten in schwierigen Situationen langfristig verbessern und stabilisieren. Denn nur so können Sie eine gesunde Partnerschaft auf Augenhöhe führen, in der Sie sich auch an schlechten Tagen und in harten Zeiten aufeinander verlassen können.